EXPERTENINTERVIEW RATGEBERAKTION \"RÜCKENSCHMERZEN“ am 23.01.2014
Man hört immer wieder, dass in Deutschland bei Rückenproblemen zu schnell zu einer OP geraten wird. Nun empfehlen Sie noch eine weitere neue Operationsmethode. Was steckt dahinter?
- Dr. med. Volker Fuchs: Bis vor wenigen Jahren hat es für Rückenbeschwerden, die ihre Ursache im Iliosakralgelenk hatten, keine wirklich effektive operative Methode gegeben, um den betroffenen Patienten dauerhaft zu helfen. Seit der Entwicklung der Distraktionsarthrodese mit DIANA hat sich dieser Umstand geändert. Zu einer operativen Versorgung raten wir jedoch nur solchen Patienten, für die es nach Ausschöpfung sämtlicher konservativer Therapiemaßnahmen keine andere Behandlungsalternative mehr gibt.
Welche charakteristischen Symptome deuten darauf hin, dass Rückenschmerzen die Folge einer Störung oder Blockade im Iliosakralgelenk sein können?
- Dr. med. Volker Fuchs: Die Beschwerden, die vom Iliosakralgelenk ausgehen, sind nicht sehr spezifisch. Viele Patienten klagen über einen sehr tief sitzenden Rückenschmerz beziehungsweise Beschwerden über einer oder beiden Gesäßhälften. Der Schmerz kann in die Leiste und auch manchmal in die Genitalien ausstrahlen oder wie bei einer Nervenwurzelreizung das Bein hinunterziehen. Häufig haben die Betroffenen Probleme beim Sitzen oder beim Liegen auf der erkrankten Seite, aber auch einseitige Belastungsschmerzen beim Gehen können im Vordergrund stehen.
Aber auch Nackenschmerzen beispielsweise können ihre Ursache ja letztlich sogar im Iliosakralgelenk haben. Wie lassen sich solche Zusammenhänge feststellen?
- Dr. med. Volker Fuchs: Rückenschmerzen, die vom Iliosakralgelenk oder aber auch von der Lendenwirbelsäule ausgehen, können sich durch schmerzbedingte Fehlhaltung und der daraus resultierenden muskulären Verspannung über die Brustwirbelsäule hinaus bis in die Halswirbelsäule hinein fortsetzen. Bei den von den Betroffenen wahrgenommenen Nackenschmerzen handelt es sich dann um funktionelle Störungen, die nach Behandlung der Ursache, etwa durch eine manuelle Therapie des Iliosakralgelenkes, wieder verschwinden.
Was ist der Unterschied zwischen einer Störung und einer Blockade im Iliosakralgelenk?
- Dr. med. Volker Fuchs: Bei einer Störung des Iliosakralgelenkes liegt ein struktureller Schaden im Gelenk selbst im Sinne eines Verschleißes der knorpeligen Gelenkflächen oder aber auch ein entzündungsbedingter Schmerz vor. Von einer Blockade spricht man, wenn es durch eine vorübergehende Bewegungsstörung des Gelenkes zu einem zeitlich begrenzten Schmerzzustand kommt. Im Gegensatz zu funktionellen Bewegungsstörungen sind strukturelle Schäden irreversibel.
Warum ist es so schwierig, Probleme im Iliosakralgelenk zu diagnostizieren?
- Dr. med. Volker Fuchs: Beschwerden, die vom Iliosakralgelenk ausgehen, sind unspezifisch und treten häufig im Verbund mit anderen Erkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule auf. Untersuchungen des Patienten durch den Arzt können bestenfalls einen Hinweis darauf geben, dass die Beschwerden in der Hauptsache vom Iliosakralgelenk kommen. Durch zielgerichtete Einspritzungen von örtlichen Betäubungsmitteln in das betroffene Gelenk kann der Arzt weitere Hinweise auf eine Störung erhalten. Das Ansprechen des Schmerzes auf diese Injektionen kann patientenabhängig sehr unterschiedlich ausfallen. Somit ist es oftmals schwierig und unter Umständen sehr langwierig, bis die entsprechende Diagnose gestellt werden kann.
Was kann passieren, wenn Patienten fälschlicherweise auf andere Ursachen als das Iliosakralgelenk behandelt werden?
- Dr. med. Volker Fuchs: Ärzte, die nicht mit der Möglichkeit vertraut sind, dass die geschilderten Beschwerden vom Iliosakralgelenk und nicht von der Lendenwirbelsäule oder dem Hüftgelenk ausgehen können, neigen verständlicherweise dazu, eine weniger zielgerichtete Therapie zu verordnen. Dies hat in der Regel zur Folge, dass der Patient nicht von der Behandlung profitiert. In diesem Fall sollte der Patient an einen auf dem Gebiet der Therapie von Wirbelsäulenbeschwerden erfahrenen ärztlichen Kollegen weiterverwiesen werden.
Welche Nebenwirkungen kann die neue Methode haben?
- Dr. med. Volker Fuchs: Wie bei jedem anderen Eingriff am menschlichen Körper können allgemeine Probleme wie Nachblutungen, bakterielle Entzündungen, Wundheilungsstörungen und schmerzhafte Narbenbildungen auftreten. Größere Gefäße und Nerven können durch das DIANA-Verfahren jedoch nicht verletzt werden, da sich diese nicht im Zugangsbereich befinden. Im ungünstigsten Fall kann es zu einem Ausbleiben der angestrebten knöchernen Verbindung der Gelenkpartner, dem Kreuzbein und dem Darmbein, kommen. In diesem seltenen Fall müsste sich der Patient gegebenenfalls einer weiteren DIANA-Operation unterziehen.
Wie viele Ärzte und Kliniken in Deutschland verwenden die neue Methode bereits und wo findet man diese?
- Dr. med. Volker Fuchs: Alle Ärzte, die das DIANA-Verfahren in Deutschland anwenden, wurden im Rahmen eines Operationskurses speziell dafür ausgebildet. Aktuell wenden mehr als 50 wirbelsäulenchirurgisch tätige Ärzte dieses Verfahren seit mehr als zwei Jahren regelmäßig an. Informationen zu dem Arzt, der dem betroffenen Patienten räumlich am nächsten ist, gibt es auf der Internetseite www.si-diana.de.
Werden die Kosten der neuartigen Therapie von den Kassen immer übernommen?
- Dr. med. Volker Fuchs: Sowohl gesetzliche als auch private Kassen übernehmen die Kosten der stationären Behandlung im Zusammenhang mit dem neuen DIANA-Verfahren vollständig.
Gibt es Erfahrungsberichte von Patienten, die diese Operation bereits haben durchführen lassen?
- Dr. med. Volker Fuchs: Unter www.si-diana.de können sich Ärzte und Patienten über dieses Operationsverfahren ausführlich informieren. Neben Produktinformationen, aktuellen Studienergebnissen und Kongressberichten, Ärzteinterviews, häufig gestellten Fragen und Links zu Patientenforen gibt es zahlreiche Erfahrungsberichte von Patienten, denen erfolgreich geholfen werden konnte.
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